Wer einem Stern folgt, der geht nicht mehr zurück

Lieber ein Ende mit Schrecken (aber nur für die alte Printgarde), als ein Schrecken ohne Ende (für die neuen Digitalen): Die Axel Springer AG stößt für 920 Mio. Euro einen wesentlichen Anteil Ihres Printgeschäftes ab.

In ein paar Jahren werden sich noch andere Verleger sagen  „wenn ich doch nur…, dann hätte ich jetzt…!“ Ich finden diesen Weg nur konsequent und ausgesprochen richtig, wenn es so ist, dass die Vision von Döpfner und Kollegen mit Friede Springer ausschließlich in der digitalen Welt liegt. Es ist eine Wette auf die Rendite von morgen. Worauf sollen sie auch warten? Auf ein Wunder? Jetzt so gut es geht Kasse zu machen ist eine unternehmerische Verpflichtung. Tafelsilber sollte man verkaufen, solange das Silber noch einen vernünftigen Preis erzielt. BILD behält man, damit man politisch und markentechnisch nicht in der Bedeutungslosigkeit versinkt. Und die WELT? Das hat Friede Springer vermutlich (noch) nicht über’s Herz gebracht. Wiedervorlage am 25.07.2020, bitte. Und ich kann eine zunehmende unternehmerische Bewunderung für Döpfner und Kollegen – und natürlich Friede Springer –  inzwischen nicht mehr verhehlen, versuchen sie doch dieses Traditionsunternehmen, diesen Tanker, konsquent auf neuen Kurs zu bringen.

Damit komme ich zur Alternativstrategie, wenn man schon keinem Stern folgen will. Wer wie die Funke-Gruppe keine Vision hat und auch nie für die Digitalwelt hatte, der kann nur Konsequent eine Wette auf die Rendite von heute und der nahen Zukunft eingehen. Und wenn das Funke-Management eins konnte und kann, dann sparen, Kosten schrubben, arbeitsrechtlich taktieren und Rendite rausholen. Und rechnen! Renditen von 10-15%, vielleicht auch mehr, sind doch super im Vergleich zu den meisten anderen Branchen. Und durch Skaleneffekte über Mengen-Wachstum lässt sich diese Zahl noch viele Jahre halten, weil ja Auflage und lokales Anzeigengeschäft nicht von heute auf morgen gen Null fallen. Die Zinsen auf den Kapitalmärkten, werden dieses Niveau absehbar nicht erreichen. Worin bestehen die Skaleneffekte? Zentralisierung von Redaktions-, Anzeigen-, Vertriebs- und Serviceabteilungen, aber auch der betriebswirtschaftlichen Abteilungen oder deren Outsourcing. Verbesserung der Einkaufskosten, insbesondere für Papier. Die Fixkosten werden variabilisiert, Auflagenstückkosten reduziert, Stückerlöse gehalten.

Unter diesem Gesichtspunkt sollten auch die Gemeinschaftsunternehmen betrachtet werden. Anzeigen- und Vertriebsabteilungen gehen im Rahmen eines Betriebsüberganges aus der Funke-Gruppe raus. Im Zweifel werden die Gehälter nochmal gekürzt. Das Personal wird in Zukunft – arbeitsrechtlich sicher – betriebsbedingt angepasst, wenn es erforderlich ist. Und so lässt sich eine derartige Rendite, mit Immobilienvermögen der Verlage in der Hinterhand, noch 10 bis 15 Jahre halten. Spaß macht sowas nur hartgesottenen Unternehmensberatern, echten BWLern mit Schwerpunkt Controlling sowie Kosten- und Leistungsrechnung. Traurig und frustrierend für alle Mitarbeiter, die in die Kernprozesse der Printerstellung eingebunden sind. Jungen Menschen muß man klar sagen: macht hier keine Verlagsausbildung mehr, wenn ihr anschließend auf eine dauerhafte Übernahme hofft. Für eine Zukunft mit mehr Spaßfaktor muss man in die andere Richtung abbiegen: Berlin, Axel-Springer-Straße 65.

25. Juli 2013 von Thomas
Kategorien: Geschäftsmodell | Kommentare deaktiviert für Wer einem Stern folgt, der geht nicht mehr zurück