So geht Paid Content im digitalen Qualitätsjournalismus

Ich freue mich ja schon seit langem auf den Start von De Correspondent. Eine niederländische Zeitung digital im Netz, die schon ein halbes Jahr vor dem Start 15.000 Abonnenten á 60 Euro hatte. Über Crowdfunding kamen innerhalb von acht Tagen so über 1 Mio. Euro zusammen. De Correspondent erscheint natürlich auf niederländisch. Schon das Konzept bestach – auch Jay Rosen:

 

Und die Crew um Rob Wijnberg hat mich nicht enttäuscht. Aus Vorfreude ist Begeisterung geworden! So geht Paid Content. Damit ist eine Benchmark gesetzt. Seit 1. Oktober ist der Roll-out erfolgt.

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Responsives HTML5-Design erspart mir das installieren diverser Apps auf diversen Geräten. Das Design ist durch die Farbcodes und Schriften etc. eigenständig und hebt sich wohltuend vom Start-up-Einerlei ab. Es passt zum gewünschten Markenkern von De Corrspondent. Es ist autorenorientiert und nicht schlagzeilenzentriert. Es ist werbefrei und einfach schön und intuitiv. Das macht Spaß, das ist User Experience: positives Erlebnis und Vertrautheit zugleich – Esse-of-Use und Joy-of-Use. Das Design ist harmonisch, modern, kultiviert, einfach, es wirkt sofort vertraut, funktional und es trifft meiner Ansicht nach die Zielgruppen-Ästhetik auf den Punkt. Hervorragende Arbeit der Designagentur.

Forschungen weisen nach, dass die Schönheit resp. Attraktivität von Webseiten bereits nach 0,5 Sekunden Exposition erkannt und bewertet wird. Eine Revision dieses Eindrucks findet bei längerer Nutzungsdauer nicht mehr statt. Durch starke Halo-Effekte werden attraktiven Werbeseiten entsprechend positive Eigenschaften bezüglich Inhalt und Usibility zugesprochen.

Werbefreiheit macht unabhängig gegenüber äusserer Einflussnahme. Und wirklich unabhängiger Qualitätsjournalismus sollte auf Werbeeinkünfte verzichten und stattdessen von Leserbeiträgen leben. Das habe ich bereits verbloggt. Durch den Wegfall von 2/3 aller Kosten, die auf Anzeigenvermarktung, Vertrieb, Vorstufe und Druck bei herkömmlich finanzierten Zeitungen auf Papier entfallen, dürfte der Verzicht auf Werbeeinkünfte machbar sein. Das Paid Content Prinzip ist denkbar simpel: 60 Euro für ein Jahresabo. Mir fehlen kürzere Laufzeiten und Micropayment, aber mal abwarten, was noch entwickelt wird.

Die Geschichte über „Die Rückkehr der Mauer“ ist – soweit ich niederländisch verstehe – interessant, aktueller denn je und passend bebildert. Ein großzügiger Zeilendurchschuss, eine lesbare Serifenschrift, sparsam gesetzte Zwischenheadlines, ein einfaches Rastersystem und gezielte Verlinkungen führen zu einem konzentrierten und dennoch entspannten Lesererlebnis. Die Info-Grafiken sind passend designed und nicht mit Spielereien überfrachtet, die von den Inhalten nur ablenken würden.

Was ist das zur Rettungsinsel des Qualitätsjournalismus hochjazzte #tag2020-Projekt um Cord Schnibben und den Spiegel doch gegen De Correspondent für eine Kopfgeburt.

Ich gehe eine Wette ein: Es wird sehr schnell Nachahmer geben und die Crew wird expandieren. Hoffentlich ganz bald auf Deutsch oder Englisch.

04. Oktober 2013 von Thomas
Kategorien: Bezahlmodell, Branded Journalists, Geschäftsmodell, Qualitätsjournalismus | Schlagwörter: , , , | Kommentare deaktiviert für So geht Paid Content im digitalen Qualitätsjournalismus